Unbek Krebs

Vor ein paar Jahrzehnten, ich war noch Teenager, sassen meine Schwester und ich vor dem Fernseher und schauten Aktenzeichen XY ungelöst. Damals war die Sendung der Freitags-Gassenfeger und kann wohl als Vorläufer der heutigen Reality-Shows bezeichnet werden: Der Fernsehzuschauer in der Rolle des Helfers der Polizei beim Lösen ungeklärter Verbrechen. Das Verfolgen der Sendung war schon ein Must-Do damals, ansonsten wäre man am nächsten Morgen auf dem Schulhof themenmässig im Abseits gestanden. Dummerweise lief die Sendung sehr spät am Abend, vermutlich um Schulkinder wie mich davon abzuhalten, die Sendung zu schauen… Auf jedem Fall muss meine Schwester dann während der Sendung eingenickt sein und wachte in dem Moment auf, wo ein Schwarz/Weiss-Bild eines Mannes auf dem Schirm zu sehen war mit der Unterschrift "unbek. Toter". Daraufhin meine Schwester im Halbschlaf: "Was ist denn das für ein komischer Name: Unbek Toter?"

Na ja, der Unterhaltungswert der Geschichte mag für einen Aussenstehenden überschaubar sein, auf jedem Fall hat sie Eingang gefunden in den Fundus der Horvath'schen Familiengeschichten und wird gelegentlich bei Familientreffen aus der Klamottenkiste gekramt und erzählt. Heute früh, bei der allmorgendlichen Pflege meiner Fische und Larven im Keller, wurde ich an die Geschichte erinnert: Im einen Becken in der Aufzuchtanlage, welches ich gestern geleert und geputzt habe und leer im Kreislauf mitläuft, sehe ich heute Morgen ein paar Larven. Ich hole eine mit der Pipette raus und lege sie unter das Mikroskop: Es ist eine Krebs- oder Garnelenlarve aber keine, die ich bislang gesehen habe. Lysmata Amboinensis habe ich keine im Kreislauf, dafür zwei eiertragende Wurdemannis. Diese haben aber ihre Eier noch unter dem Bauch und ausserdem wie hätten es die Larven durch das Ablaufsieb, durch den Kreislauf, durch zwei Mikrofilter-Socken, durch die Strömungspumpe bis in das leere Becken schaffen sollen? Wenn es Wurdemanni-Larven wären, würde ich dann nicht auch welche im Becken nebenan finden müssen? Da sind aber keine. Könnten es Larven der Einsiedlerkrebse sein? Irgendwelche Larven aus den Lebendsteinen? Letzteres scheint mir die wahrscheinlichste Lösung, immerhin hätten die Larven dann nur die Strömungspumpe überleben müssen: Knallkrebslarven etwa? Auf jedem Fall fange ich etwa 8-10 Larven raus, fülle den einen Kreiseltank und gebe sie rein und Brachionus/Artemia-Mix dazu. Ich beschrifte den Kreiseltank mit "unbek. krebs" und erlebe diesen Flashback zurück in meine Jugend.

Unbek Krebs von oben


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Unbek Krebs von der Seite


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Der Schwanz von Unbek Krebs


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