Batikfastnacht

Gestern war Fastnachtsmontag und das heisst für alle, die in der Stadt Winterthur arbeiten: Feiertag! Die Winterthurer haben diesen arbeitsfreien Tag eingeführt, um auf die gleiche Anzahl Ferientage zu kommen wie die Zürcher, denn diese haben jeweils einen halben Tag frei am Sechseläuten und am Knabenschiessen. Da ich weder fastnächtlichem Treiben, noch dem Verbrennen von Bööggen und schon gar nicht wehrsportlicher Betätigung Halbwüchsiger zugetan bin, frage ich mich, was ich an diesem Tag unternehmen soll. Ich könnte das Tele auf meine Kamera schrauben, nach Winterthur fahren und beim Fastnachtsumzug ein paar Stimmungsbilder schiessen. Ich wäge die Vor- und Nachteile dieses Vorhabens ab: Geschätzte 10-20 brauchbare Bilder verkleideter Narren im Regen, die ich nie mehr ansehen werde, stehen gegen 100-200 Konfettis, welche ich für die nächsten 12 Monate in meinen Hosenumschlägen, Schuhen, Mantelkrägen und in den Ritzen der Autositze finden werde: Das tue ich mir nicht an!

Ich wollte für meine Tochter schon länger ein Bett kaufen, da sie, wenn sie bei mir schläft, noch seit ihren Kindertagen auf einer auf dem Boden liegenden Matratze schläft. Meine Tochter ist jetzt 15 und auch wenn sie immer wieder beteuert, dass sie bei mir gut schlafe, muss jetzt ein ordentliches Bett her. Zu meinem Erstaunen finde ich per Webrecherche raus, dass das Bett "TOM" bei Micasa Winterthur an Lager ist und das im Industriequartier Grüze gelegene Geschäft, trotz des fastnächtlichen Treibens in der Innnenstadt, offen hat. Also fahre ich nach Winterthur und kaufe das Bett samt Inhalt. Der Ausdruck "Bett mit Inhalt" umfasst das eigentliche Bett, also den Bettrahmen, den Einlegerahmen (in der Schweiz besser bekannt unter der Bezeichnung "Lättliroscht") und die Matratze. Meines Wissens fallen die Decke, die Kissen, deren Bezüge, die Tochter und deren Handy technisch gesehen nicht unter die Definition von "Bettinhalt"; das heisst diese Dinge sind gesondert zu erwerben, respektive im Falle der Tochter, zu zeugen.

Des weiteren erstehe ich weisse Bettwäsche für mein eigenes Bett; denn in der Zwischenzeit habe ich mich entschieden, wie ich den Tag ausfüllen werde: Ich will Batik machen, bekannt aus der Flower-Power-Zeit der 70er! Das Prinzip beruht darauf, dass man die Textilen mit Schnüren oder Gummibändern abschnürt und an diesen Stellen dann weniger Farbe angenommen wird, als bei den umverschnürten Stellen. Ich schaue mir entsprechende YouTube-Videos an, aber sehe dann davon ab mir eine 4 farbige Spirale im Regenbogenlook zu machen: Lieber was Einfaches zum Anfangen als was Komplexes, was ich verpatze und dann komplett unansehnlich aussieht und für die verbleibenden 40 Jahre meines irdischen Gastspiels in den Tiefen meines Kleiderschrankes vor sich hin mottet.

Während die zu Würsten gebundenen Kissen- und der Deckenbezug in der Farbe liegen, gehe ich ins Hallenbad um ein paar Runden unter Wasser zu schwimmen. Die sich anbahnende Erkältung und mein schmerzendes linkes Ohr, hält mich aber davon ab an meine Grenzen zu gehen und ich höre nach einer halben Stunde frustriert wieder auf. Wieder zu Hause, spüle ich die Bettwäsche und lasse diese zweimal bei 30 Grad in der Waschmaschine laufen: Ich möchte ja nicht eines Morgens mit Blau/Rotem-Batikabdruck in meinem Gesicht aufwachen, weil die Kissen abgefärbt haben…

Heute morgen sind dann alle Bettbezüge trocken und kommen zum ersten Mal zum Einsatz: Die Gelegenheit ist gut, denn der ausgiebige Aufenthalt im kühlen Keller gestern, zusammen mit dem Besuch des Hallenbades haben mir den Rest gegeben: Heute bleibe ich hustend, mit laufender Nase und Gliederschmerzen zu Hause und hüte mein neues Batikbett.


Als Batik-Anfänger entscheide mich für ein ganz einfaches Muster. Auf YouTube gibt es unzählige Anleitungen für mehrfarbige Spiralmuster


P3060268

Zwei Salzkübel, Gummihandschuhe, eine Schere und zwei Beutel Farbpulver


P3060271

Die Idee ist, dass ich Blau und Rot gegen die Mitte kapillarisch aufsaugen lasse - dies klappt aber nicht ganz


P3060279

Also tunke ich die beiden Hälften je in die Farblösungen


P3060280

Nach einer guten Stunde im Farbbad, spüle ich die Bezüge unter fliessendem Wasser. Jetzt kommt die Nagelschere zum Einsatz


P3060282

Alle Gummis und Schnüre vorsichtig wegschneiden


P3060283

Und nochmals gut spülen


P3060281

Ab in die Waschmaschine um die übrige Farbe zu entfernen - zwei Waschgänge, denn sicher ist sicher


P3060284

Für einen Anfänger gar nicht mal so schlecht, finde ich


P3070285

Zur Genesung lege ich mich ins Batikbett


P3070288